CED und Psyche - Aktive Krankheitsbewältigung

„Wer mit sich selbst in Frieden leben will, muss sich so akzeptieren, wie er ist“. Auch wenn das Zitat der schwedischen Schriftstellerin Selma Lagerlöf schon einige Zeit zurückliegt, hat es nicht an Aktualität verloren – vor allem, wenn eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) Teil des Lebens ist. Das Akzeptieren einer chronischen Erkrankung ist ein wichtiger Schritt, um mit den physischen, sozialen und psychischen Belastungen fertig zu werden. Denn diese und weitere Strategien zur Krankheitsbewältigung sind von entscheidender Bedeutung, wenn es um die zukünftige Lebensqualität geht.

Die Erkrankung kennen lernen

Die Diagnose Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa ist für jeden Betroffenen ein Schock. Niemand ist darauf vorbereitet. Der normale und geordnete Alltag wird plötzlich in Frage gestellt und tiefe Verunsicherung macht sich breit: Wird sich mein Leben komplett verändern? Was wird aus meiner Beziehung und meinem Beruf?

Es ist eine normale und nachvollziehbare Reaktion, sich Sorgen oder Gedanken über die Zukunft zu machen. Abhängig vom jeweiligen Charakter und dem individuellen Verlauf der Erkrankung sind die Belastungen unterschiedlich und verlangen vom Betroffenen ein hohes Maß an Bewältigungsfertigkeiten. Für den Umgang mit der Erkrankung gibt es kein Patentrezept. Auch wenn es sich einfacher anhört, als es ist: Der erste Schritt bei der Krankheitsverarbeitung ist das Akzeptieren und das Lernen mit der Erkrankung und all ihren Tücken umzugehen. Dazu gehört, dass man sich über seine CED und das entsprechende Krankheitsbild informiert. Nur wer seine Erkrankung kennt, kann Ängste und Unsicherheiten abbauen. Wichtige Anlaufstellen für Informationen über Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind der behandelnde Arzt und z. B. Selbsthilfegruppen oder Patientenschulungen, die über die Erkrankung, Therapieoptionen und psychotherapeutische Unterstützung aufklären.

Die psychische Belastung, die eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung mit sich bringt, kann enorm sein und wird häufig unterschätzt und von den Ärzten vernachlässigt. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa werden oft als rein körperliche Erkrankungen gesehen. Dabei kann psychologische Unterstützung als therapeutischer Baustein die Lebensqualität von chronisch Kranken erheblich verbessern. So können individuelle Bewältigungsstrategien ausgearbeitet und eine seelische „Rüstung“ aufgebaut werden. Denn innere Stärke und Stabilität sind unersetzliche Fähigkeiten beim Umgang mit chronischen Erkrankungen, um Depressionen, Ess- oder Angststörungen entgegenzuwirken. Es ist also keine Schande, sondern vielmehr eine sinnvolle Therapieergänzung, professionelle Betreuung in Anspruch zu nehmen. Die Kosten für die Sitzungen können von der Krankenkasse übernommen werden.

Folgende Therapiebeispiele sind zur Krankheitsbewältigung geeignet:  

  • Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT): Eine neue Form der Psychotherapie, bei der Akzeptanz- und Achtsamkeitsstrategien mit Strategien der Verhaltensänderung kombiniert werden. ACT soll Betroffene beispielsweise dazu befähigen, die emotionalen Regungen anzunehmen, wie sie sind.
  • Selbstmanagement-Therapie: Therapieansatz, der Betroffenen beim Erlernen von Selbstverantwortung, Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Bewältigungsverhalten unterstützt.
  • Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR)): 8-wöchiges Trainingsprogramm, welches den Umgang mit Stress durch Meditations-, Achtsamkeits- und Körperwahrnehmungsübungen lehrt.

Eine andere Möglichkeit, über persönliche Erfahrungen und Bewältigungsmöglichkeiten zu reden, bieten übrigens auch örtliche Selbsthilfegruppen.

CED und Stress: Ein Teufelskreis

Stress bedeutet für den Körper vor allem eins: Alarmbereitschaft. Der Geist ist hellwach und der komplette Organismus ist in Habachtstellung. Dieser Zustand ist keineswegs ungesund und kann in bestimmten Situationen sehr hilfreich sein, beispielsweise bei Prüfungen oder im Job. Es ist allerdings wichtig, auf eine gesunde Balance zwischen Stress und Erholung zu achten. Ist dies nicht möglich und ein Dauerstress stellt sich ein, macht sich körperliche und mentale Erschöpfung bemerkbar. Es ist zwar nicht eindeutig erwiesen, dass Stress die Aktivität von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen erhöht, doch Betroffene berichten häufig, dass sie vor einem Schub Stress verspürt haben. Daraus kann sich ein Teufelskreis entwickeln: Subjektiv erlebter Stress führt zu erhöhter Krankheitsaktivität und dadurch kommt es zu noch mehr Stress. Diesem Teufelskreis gilt es zu entkommen. Ansonsten drohen psychische Probleme, die sich auf das Privat- und Berufsleben auswirken können.

Aber wie genau sieht so eine Stressbewältigung aus? Neben den oben erwähnten psychotherapeutischen Maßnahmen, können Entspannungstechniken oder bestimmte Sportarten für einen Stressabbau sorgen. Ein sinkender Stresspegel wirkt sich nicht nur positiv auf das Wohlbefinden aus, sondern sorgt auch dafür, dass Körperfunktionen, die durch den Stress in Alarmbereitschaft standen, wieder in den Normalzustand schalten. Es gibt keine spezielle Entspannungstechnik bei CED. Wichtig ist, dass sie regelmäßig und mit gutem Gefühl durchgeführt wird.

Das Angebot an Entspannungstechniken ist vielfältig:

  • Yoga
  • Meditation
  • Autogenes Training
  • Progressive Muskelentspannung
  • Biofeedback
  • Qigong
  • Atemtherapie

Ausdauer- und Krafttraining kann ebenfalls zur Stressbewältigung beitragen. Sport löst keinen Schub aus und kann einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben. Das Sportpensum hängt dabei vom eigenen Leistungsniveau ab. Wer unerfahren ist, sollte langsam anfangen. Denn auch kleine Schritte führen zum Ziel.

Rehabilitation: Das CED-Gesamtpaket

Eine medizinische Rehabilitation dient zur Erhaltung oder zur Wiederherstellung der Gesundheit und kann auch bei CED hilfreich sein. Die Kosten werden je nach Art der Behandlung (ambulant oder stationär) von der Krankenkasse oder der Deutschen Rentenversicherung übernommen. Ein Antrag hierfür wird vom behandelnden Arzt (Hausarzt oder Gastroenterologe) mit dem Betroffenen zusammen ausgefüllt. Eine medizinische Reha dauert in der Regel 3 Wochen und kann alle 4 Jahre beantragt werden. Bei schwerwiegenden Krankheitsfällen auch in kürzeren Abständen. Es ist wichtig, dass sich der Betroffene vorher erkundigt, welche Rehabilitationsklinik bei einer CED in Frage kommt. Das Programm in CED-Rehakliniken richtet sich an Betroffene, die aufgrund der umfassenden Beeinträchtigung im Privat- und Berufsleben Unterstützung benötigen. So werden beispielsweise Gesprächsgruppen, Vorträge über Ernährung oder Sport, Entspannungstechniken, bewegungstherapeutische Verfahren und Sozialdienste angeboten. Die Reha beinhaltet viele Aspekte der Krankheitsbewältigung und stellt daher eine sinnvolle Maßnahme dar, die Auseinandersetzung mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa im Alltag zu meistern.

Fazit

Eine aktive Krankheitsbewältigung ist ein wesentlicher Bestandteil der CED-Therapie. Das heißt: Neben der medikamentösen Therapie gegen die körperlichen Beschwerden, muss auch auf die psychische Belastung ein Augenmerk gelegt werden. Dieser häufig übersehene und unterschätzte Teil von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist nämlich eng mit den körperlichen Auswirkungen verbunden. Sie bedingen sich sogar gegenseitig. Es ist wichtig, diesen Zusammenhang zu erkennen und darauf einzugehen. Unterschiedliche Therapieansätze können eine aktive Krankheitsbewältigung unterstützen: Psychologische Behandlungen, Entspannungstechniken oder Sport. Diese therapeutischen Maßnahmen heilen zwar weder Morbus Crohn noch Colitis ulcerosa, aber sie können dazu beitragen, dass sich der Krankheitsverlauf bessert und nachhaltig beeinflusst wird.

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