Geschlecht und CED - Typisch Mann, typisch Frau
Fast jeder kennt das Phänomen: Männer und eine Erkältung. Häufig der Beginn einer langen Leidensgeschichte. Doch was normalerweise belächelt und im Volksmund als „Männerschnupfen“ verunglimpft wird, konnte in einer Studie tatsächlich belegt werden: Männer erkranken häufiger und schwerer an Infekten als Frauen. Dieses populäre Beispiel macht deutlich, dass der Krankheitszustand eines Menschen unter anderem auch von dem Geschlecht beeinflusst werden kann. Ein anderes anschauliches Beispiel ist die unterschiedliche Lebenserwartung der beiden Geschlechter. Während die durchschnittliche Lebenserwartung der Frauen bei knapp 83 Jahren liegt, werden die Männer im Durchschnitt nur 78 Jahre alt.1 Auch im Berufsleben sind geschlechtsabhängige Unterschiede feststellbar. Frauen sind zwar kürzer, dafür aber häufiger krankgeschrieben als Männer.
Die Bedeutung des Geschlechts für das Erleben der CED
Und wie sieht es bei einer CED aus? Gibt es hier auch Unterschiede im Krankheitsverlauf oder im Umgang mit der Erkrankung zwischen Männern und Frauen? Fakt ist: Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Doch auch auf die emotionale Wahrnehmung und körperlichen Einschränkungen kann das Geschlecht Einfluss haben. Frauen, die an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden, klagen manchmal über Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und sexuelle Unlust, wenn die Krankheitsaktivität erhöht ist und Schübe auftreten. Betroffene Männer hingegen scheinen, zumindest körperlich, in ihrem Sexualleben weniger beeinträchtigt zu sein. Jedoch kann es bei beiden Geschlechtern aufgrund der psychischen Belastung zu Beeinträchtigungen kommen. Übrigens: Als Frau ist immer daran zu denken, dass die Anti-Baby-Pille bei starken Durchfällen ihre Wirkung verlieren kann! Auch in der Schmerzwahrnehmung kann es Unterschiede zwischen den Geschlechtern geben. Anders als immer behauptet, sind Männer schmerzbelastbarer als Frauen. Warum das so ist, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Diese höhere Schmerzempfindlichkeit bei Frauen spielt natürlich auch bei der CED eine Rolle und kann einen einschränkenden Faktor darstellen. Bis jetzt scheint also das männliche Geschlecht einen Vorteil bei der CED gegenüber Frauen zu haben. Doch wenn es um Gefühle und um den Umgang mit der Erkrankung geht, ziehen in der Regel die Männer den Kürzeren. Denn Frauen teilen ihr Gefühlsleben gerne mit den besten Freunden, während Männer keine Schwäche zeigen wollen und die Erkrankung lieber für sich behalten. Aber der offene Umgang ist bei der Stressvermeidung und der damit einhergehenden Krankheitsbewältigung ein wichtiger Bestandteil und kann sich daher positiv auf Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa auswirken.
Doch immer daran denken: Frau ist nicht gleich Frau, Mann nicht gleich Mann und vor allem CED nicht gleich CED. Sie verläuft bei jedem Betroffenen anders – auch unabhängig vom Geschlecht.
1) Günter Tempel et al. Die Gesundheit von Männern ist nicht die Gesundheit von Frauen. Gesundheitsamt Bremen. 2013